Informel

Das Informel in drei Sätzen

INFORMEL ist eine (später so benannte) Richtung der bildenden Kunst, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa entwickelte

Der STIL der Malerei des Informel ist gekennzeichnet durch spontanes, gestisch-abstraktes Malen

Das Informel galt lange als rein dekorativ und unpolitisch, war jedoch Wegbereiter eines ERWEITERTEN KUNSTBEGRIFFS und hat viele zeitgenössische Künstler beeinflusst

Zeitliche Einordnung

Nach dem Zweiten Weltkrieg ‒ Europa in Trümmern, unzählige Menschen verschleppt und ermordet… Konnte die bildende Kunst in Deutschland eine Sprache finden für Entsetzen und Scham, für Hoffnung und Neubeginn? Welche Sprache sollte es sein?

An die Kunst der unmittelbar zurückliegenden Zeit anzuknüpfen verbot sich von selbst.

Die Kunstschaffenden misstrauten der Gegenständlichkeit nach den traumatischen Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges so sehr, dass sie weitestgehend darauf verzichteten. Inspiriert vom Action Painting der amerikanischen Künstlerkollegen ‒ etwa Jackson Pollocks ‒ tasteten sich die europäischen Maler des Informel zu ihrer eigenen Bildsprache vor. Dem erschütterten Weltgefüge gewannen sie das Prinzip der Formlosigkeit („signifiance de l’informel“, Michel Tapié) ab. So schufen sie eine neue Bildsprache, neue Assoziationsangebote.

Denn in der Informel-Malerei ist Kunst nicht „fertig“, sondern ist Wagnis, ist offene Versuchsanordnung. Das Informel ist gekennzeichnet durch spontanes, gestisch-abstraktes Malen, durch eine für seine Zeit radikal neue Auffassung von Inhalt, Form, Bildraum und Subjektivität. Es setzt sich so von allem vorher Dagewesenen ab, auch von der geometrischen Abstraktion der klassischen Moderne.

„Informel geht schnell“, so wurde schon früh gespottet. Das reimt sich zwar hübsch und mag für das einzelne Werk sogar zutreffen. Wer sich jedoch beispielsweise mit der Künstlerbiographie Torgers befaßt, merkt rasch, dass eine Menge handwerkliches Können hinter dem anscheinend so rasch auf den Maluntergrund geworfenen Bild steckt.

Die deutschen Protagonisten dieser Kunstrichtung hießen Peter Brüning, Karl Otto Götz, Gerhard Hoehme, Ruth Schmidt Stockhausen, Bernard Schulze, Emil Schumacher, Fred Thieler und, vor allen anderen, Wols.

Auch Will Torger gehört zu den Protagonisten. Er war allerdings in der Szene kaum vernetzt. Jedoch pflegte er intensive Freundschaften mit Alfred Manessier und Pierre Soulages. So schlug die Kunst wieder Brücken über nationale Grenzen hinweg.

Aktualität

Bereits insofern ist das Verdikt unfair, wonach die Kunst des Informel blosses Dekor für eine apolitische Zeit sei.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass 2010 das Interesse am Informel wieder erwacht (Art Cologne 2010). Vor einer Dekade bringt eine Finanzkrise die Welt an den Rand des Abgrunds. Die Folgen sind immer noch nicht ausgestanden.

Derzeit stellt eine Pandemie Gewohnheiten, Lebensführung, ja die Globalisierung selbst in Frage ‒ von der Klimakrise gar nicht zu reden. Es ist höchste Zeit, wieder einmal existentielle Fragen (neu) zu stellen. Fertige Antworten gibt es, wie immer in der Geschichte, nicht. Wer mit einfachen Rezepten um die Ecke kommt, ist verdächtig. Das Vortasten in die Zukunft nach dem Prinzp „trial and error“ bleibt uns nicht erspart.

Wir leben quasi in einem Zeitalter des Informel.